Chacel, Rosa

In der Oase

Roman. Aus dem Spanischen von Peter Kultzen.
128 Seiten, Geb.
€ 14,90  SFr 26,80  *Ö-€ 15,30
(ISBN) 3-87410-062-6

Peter Kultzen wurde für seine Übersetzung mit dem 
"Übersetzerpreis der Spanischen Botschaft in Deutschland 1994" ausgezeichnet.

Dieser vielschichtige kleine Roman erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, eines Schülers, und seiner ersten Liebe, einer Mitschülerin, die im selben Haus wohnt. Das Gebäude mit seinem heimlich-unheimlichen Treppenhaus, seinem Patio und den jeweils eigenen Welten der Wohnungen ist ihnen die Oase. Von dort, von dieser Oase aus, die gleichzeitig schützt und gefangen hält, bricht er auf, um die Welt, und damit auch sich selbst, zu erkunden. Beziehungen zu anderen Frauen, ein Kind von seiner Freundin, eine Fahrt durch Frankreich bis an den Atlantik gehören zu den immer neuen ersten Erfahrungen, die ihn zu ersten Entschlüssen für sich selbst führen.

Das Bild der Oase in verschiedensten Ausformungen, des Aufbruchs von dort in konzentrischen Kreisen, der Reise als Oasensituation des Subjekts, des Distanznehmens, des Vergessens, der Rückkehr: nach Hause, zu Freundin und Kind und zu sich selbst, und des Findens sind weitere Elemente eines Monologs, der wieder Dialog werden möchte. Die kühne erzählerische Struktur macht aus diesem ersten Roman Rosa Chacels von der Mitte der zwanziger Jahre ein avantgardistisches Meisterstück.

Pressestimmen:

"Der Text beweist mehr und mehr jene Risikobereitschaft, die der literarischen Moderne einst ihre avantgardistische Prägung verlieh. Statt geradlinig fortzuerzählen, spinnt er sich immer tiefer in selbstreflexive Phantasien seiner eigenen Genese ein. Doch bewahrt er hierin zum einen die Kunst der richtigen, knappen Phrasierung, so daß es zum anderen wohl gar nicht die Gedankenfäden sein wollen, die uns Satz um Satz weitertragen. Alle Schönheit kommt vielmehr bis zuletzt aus ihrem ganzen Gegenteil, aus der Unwiderleglichkeit der Bilder, die schon den Anfang trug."
Bernhard Dotzler / FAZ

Leseprobe:

„Manchmal wenn wir etwas uns Wesentliches erreichen wollen, setzen wir alles auf die Überzeugungskraft unserer Worte; gelingt es uns dabei nicht, den Gott des Augenblicks auf unsere Seite zu ziehen, verdreht das Licht die Augen, und die Tür läßt ein Gähnen vernehmen. Bei anderer Gelegenheit jedoch, so wie dieses Mal, mischt er sich mitten im Gespräch ein, die Miene unseres Gegenüber hellt sich schlagartig auf, und wir erreichen kein kühles Beipflichten, sondern begeisterte Zustimmung."

„Ich sah sie an, ohne sie zu sehen. Meine ganze Aufmerksamkeit galt der Verfolgung von jenem Etwas, das außerhalb meines Gesichtsfeldes seine Kreise zog, im Bereich der Einbildungen, wo wir nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob wir etwas sehen oder nicht sehen, ich war hinter der Formel her, deren Anblick mein Gefühl bestätigen sollte, und sie ließ sich schließlich vor mir nieder. Auf ihr. So als wären wir auf getrennten Wegen der hartnäckig sich widersetzenden Entscheidung nachgelaufen, um uns im selben Moment auf sie zu stürzen: am Ende einer langen Verfolgungsjagd lag sie gefangen zwischen unseren Blicken. Da küßten wir uns, lang und ausdauernd, und wiederholten hundertmal die neue Formel, die uns aufs schönste überzeugte. Seit jenem Tag gab es Gespenster im Treppenhaus."

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