Huysmans, Joris Karl

Geheimnisse der Gotik
Drei Kirchen

Aus dem Französischen von Stefanie Strizek.
Hg. von Michael Farin.
240 Seiten, mit 15 Abbildungen, Geb.
€ 24,90  SFr 43,50  *Ö-€ 25,60
(ISBN) 3-87410-044-8

Joris-Karl Huysmans, zu dessen Vorfahren mehrere Maler gehörten, bezeichnet sich selbst als einen fou furieux der Malerei. Schon 1876 schrieb er über Degas, trat für die Impressionisten ein, für Monet, Cézanne, Gauguin und war mit Manet bekannt. Er widmete Gustave Moreau, Odilon Redon und Félicien Rops Aufsätze und entriß bedeutende Maler der Vergangenheit und dem Vergessen, so auch Matthias Grünewald.

Geheimnisse der Gotik – aufgezeigt an drei Kirchen: 
Notre-Dame, Saint-Germain-l´Auxerrois und Saint-Merry, alle in Paris, sowie an den Werken dreier bedeutender Maler: Matthias Grünewald, Bartolomeo Veneto und dem Meister von Flémalle. Allen gemeinsam ist „eine fliehende Sicht aus dem Sinnlichen auf ferne Unendlichkeiten", ein mystischer Naturalismus, wie ihn auch Huysmans selbst anstrebte.

Joris Karl Huysmans

Joris Karl Huysmans wurde 1848 in Paris im 6.Arrondissement geboren. Dort starb er auch 1907. Bis auf die Jahre 1899 und 1901 hat er, mit wechselnden Anschriften, sein ganzes Leben in diesem Bezirk zugebracht.

Sein literarisches Debut gab er 1874 mit Le Drageoir à épices (Die Gewürzbücher). Bekannt wurde er durch das Schlüsselwerk der Décadence A rebours, das 1884 erschien.

Weitere Werke:

1876 Marthe
1880 Pariser Skizzen
1882 A vau-l´eau
1887 En Rade
1891 Là-bas
1898 La Cathédrale
1901 De Tout
1926 Paysan de Paris
1928 Nadja

Leseprobe:

Über Matthias Grünewald:

„Mit seinen Farbenfanfaren, seinen tragischen Aufschreien, mit seinen gewaltigen Apotheosen und wahnwitzigen Beinhausvisionen beschlagnahmt und bezwingt er uns; verglichen mit diesem Tosen, dieser Unbändigkeit erscheint alles andere tonlos und fade. Man verläßt Grünewald und bleibt auf ewig in seinem Bann. Vergeblich forscht man nach seinem Ursprung, seinen Quellen; denn kein Maler vor ihm, keiner seiner Zeitgenossen gleicht ihm."

„Wohl wissend, daß alles hinieden sinnbildlich ist, daß die sichtbaren Dinge und Wesen nach dem heiligen Dionysius Areopagita nur sichtbare Abbilder des Unsichtbaren sind, machte die Kunst des Mittelalters es sich zur Aufgabe, Gefühle und Gedanken durch die körperlichen, vermannigfachten Gestalten aus Stein und Glas auszudrücken, und schuf sich zu ihrem Gebrauch ein eigenes Alphabet. So war denn das Gotteshaus, die Kathedrale, ein Ganzes, eine allumfassende Synthese; sie war die Bibel und der Katechismus, Moral- und Geschichtsunterricht; sie ersetzte für den des Lesens Unkundigen den Text durch Bilder."

Huysmans geht in diesem Buch den umgekehrten Weg: Er entziffert das ›Zauberbuch‹ und setzt optische Eindrücke in sprachliche um. Er transportiert Räumliches ins Zeitliche. Er malt mit Worten.

Paul Valery über Joris Karl Huysmans:

„Kunst, Frau, Teufel und Gott waren die großen Interessen seines geistigen Lebens, das übrigens ebenso beansprucht und beeinflußt wurde durch jede Einzelheit des Existenzelends. Er erfuhr alle seine Mühen und Häßlichkeiten. Seine seltsamen Nüstern witternden zitternd das Widerliche in der Welt. Der eklige Duft der Garküchen, der herbe verfälschte Weihrauch, die faden oder verpesteten Gerüche der Buden und Nachtasyle, alles das empörte seine Sinne, erregte sein Genie…

Er hatte sich den Stil seiner Nerven gesichert; seine Sprache zielt immer auf das Unerwartete und auf den äußersten Ausdruck, ist überladen mit pervertierten und in neuem Sinne verwendeten Adjektiven, dem durchgearbeiteten Monolog, einer seltsamen Mischung seltener Ausdrücke, seltsamer Töne, trivialer Formen und poetischer Funde. Er liebte es, die Ordnung der Worte zu brutalisieren, die Eigenschaft des Nomens zu entfernen, die Ergänzung des Verbs und die Präposition des Wortes, das zu ihm gehört."
Paul Valery

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